Alois Janak *1924

Die Dialektik von Realität und Traum


Einzutauchen in die Welt der Kunst des Alois Janak bedeutet einzutauchen in eine Traumwelt, in die Welt eines reifen Malers und Graphikers, der seinen eigenen Weg gefunden hat und diesen seit Jahrzehnten nicht nur konsequent geht, sondern dabei stetig voranschreitet. Begeben wir uns mit ihm auf die Reise,  begleiten wir ihn ein Stück seines Weges und lassen uns tragen, den Träumen und Visionen folgend. Dieser Weg, ist ein Pfad der die Normalitäten des Alltags verlässt, der Rationalität verweigert, Emotionen und Phantasie dagegen vehement erfordert. Er führt den Betrachter magisch hinfort in eine zauberhafte Bildwelt, eine Welt, in der das Schöne, das Humoristische, das Liebenswerte und das Reizvolle dominiert.

 

Es liegt eine erstaunliche Konsequenz im Schaffen des Künstlers, die sich zum einen in der symbolisch chiffrierten Motivwelt, zum anderen in der formalen, künstlerischen Umsetzung ausdrückt. Janaks Oeuvre basiert in diesem Sinn   auf zwei verschiedenen Säulen: der einmalig gefundenen formalen Perfektion, den technisch Erlernten und dem unendlichen Phanatsiereichtum, den künstlerischen Visionen und Utopien des schöpferischen Genius.
Was nun ist es genau, was einen Janak zum Janak und damit so unverwechselbar werden lässt? Zwei Aspekte sind in einer kurzen Beschreibung hervorzuheben: Zum einen die stringente, formal-ästhetische Handschrift, jenes Element der Einmaligkeit und des Stils, und zum anderen die ganz eigene Bildwelt, ein überschaubares Motivrepertoire in seinen unzähligen Erscheinungen und seiner faszinierenden Vielfalt.


Unter formal-ästhetischen Gesichtspunkten erkennt man in Janak den Künstler als Konstrukteur. Wie ein Architekt baut er das Grundgerüst seiner Bilder: mit Bleistift, Lineal und Zirkel schafft er Bildfelder und Koordinatensysteme für seine Motive. Linien und Pfeile, Kreise, Quadrate und Rechtecke werden zu Grundstrukturen, zu Orientierungshelfern und Richtungsweisern. In ihrer Zartheit und geometrischen Nüchternheit bleiben sie im vollendeten Kunstwerk als Relikte des Entstehungsprozesses bestehen, werden aufgewertet zum eigenen künstlerischen Ausdruckswert. Hinzu kommt die Schrift, die als gleichwertiges Element zu den geometrischen Formen in den Bildern Janaks in Erscheinung tritt. Es sind Betitelungen, Erläuterungen, freie gedankliche Assoziationen, die aber nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch von hoher Relevanz sind. Denn es ist niemals einfach nur Schrift die eingefügt wird, sondern Kalligraphie, d.h. Schrift verstanden als autonomer, künstlerischer Wert. Die Schriftzüge bilden einen Bestandteil des freien künstlerischen Motivs und tragen auf diese Weise Wesentliches zur ästhetisch- poetischen Wirkung der Bilder bei. 

 

Janaks Kunstverständnis ist demnach ein universelles: Er betont die Nähe der Malerei zu anderen Kunstgatten - der Architektur, dem wissenschaftlichen Zeichnen, der Literatur und der Dichtung - und lässt deren Gattungsgrenzen ineinander verschwimmen. Der Künstler nutzt die verschiedenen Elemente des wissenschaftlich Konstruktiven und literarisch Poetischen, um sie in seinen Arbeiten als Gesamtkunstwerk zu formen.

Neben den zunächst beschriebenen, zeichnerisch graphischen Elementen bleibt dabei auch das Malerische von großer Bedeutung. Während das Lineare, stets klar und deutlich, die Form begrenzt und die Komposition in verschiedene Flächen und Gegenstände teilt, erscheint die Farbe, wie nachträglich den Dingen auferlegt, als eigenständige Qualität und damit wesensbestimmend. Sie ist unverzichtbares Mittel des Künstlers, ein Instrument zur Harmonieerzeugung. Janaks Palette ist bunt, aber nicht grell. Sie ist - wie seine Motive - lebensbejahend, poetisch zart und fröhlich. Leichtigkeit wird evoziert. Der freie, farblich offen gestaltete Hintergrund ohne Tiefenwirkung lässt die Gegenstände im Bild schweben, enthebt sie der Realität. Feinste Nuancierungen, Lichtbrechungen, Schattierungen und zarte, weiche Farbverläufe führen zu einer offenen und atmosphärischen Wirkung, die geheimnisvolle Farbmelodien und leise Töne erklingen lässt, deren träumerischen Takt sich die Motive einfügen. Aus einem kleinen Repertoire, aus einer handvoll erlesener Symbolbilder und Metaphern schöpft der Künstler durch zahlreiche Variationen und Veränderungen der Komposition mit aufrichtiger Liebe zum Detail eine unendliche Zahl an Ausdrucksmöglichkeiten.

 

 Der Künstler liebt die Natur und das Maritime: Blumen, Tiere, Seen und das Meer sind bevorzugte Motive. Gleichsam gilt seine Faszination der Technik: Schiffe, Flugzeuge, Ballons und Leuchttürme beleben die Bildräume, losgelöst von den Dimensionen des Raumes und der Zeit. Aber auch einfachste Gegenstände des Alltags, z.B. Schuhe, Regenschirme, Glühbirnen, Flaschen oder Tintenfässer finden Berechtigung in Janaks Motivwelt. Kurz gesagt: Janak liebt das Leben in all seinen Facetten. Und diese Liebe erklärt sich wiederum durch seine Kunst. Gewöhnliches, Dinge, die uns tagtäglich wie selbstverständlich umgeben, hebt er aus ihrer Alltäglichkeit und Normalität heraus und gibt ihnen in seiner ganz individuellen Phantasiewelt eine neue  Daseinsberechtigung. Was wir zu kennen glauben, zeigt uns der Künstler mit anderen Augen, aus einer neuen Perspektive.

Janak betrachtet die Welt mit den Augen eines Kindes. Er vermag es den Filter des Phantastischen über die Dinge zu legen und ihnen auf diese Weise eine unbekannte, geheimnisvolle Faszination zu geben.  Trotz der veristischen Detailtreue dominiert dabei die Darstellung des Träumerischen. Die Sphäre der Realität verliert sich in der Sphäre des Unbewussten; Banales verwandelt sich in Wunderbares. Die Bilder werden zu unlösbaren Rätseln, die andere Verstehenskategorien als die unseres Alltags aktivieren.  In diesem Sinne zeigt sich eine Verwandtschaft der Kunst Alois Janaks zum Surrealismus, zu großen Künstlergestalten unseres Jahrhunderts, wie Rene Magritte oder Salvador Dali. Aus dieser kunstgeschichtlichen Verankerung und Tradition heraus präsentiert sich Janak jedoch als eigenständige Persönlichkeit, als Autodidakt. Seine Dialektik von Realität und Traum macht ihn zu einer bedeutenden Künstlergestalt unserer Zeit.

Text: Sina Strüssmann

Alois Janak

1924    als Sohn des Schulleiters Alois Janak in Schönpriesen (Krasne Bresno) in der Tschechoslowakei geboren
1944    Abitur in Prag
1944-45 Kriegseinsatz in der Flugzeugindustrie in Prag
1945-48 Studium der Agrarwissenschaften an der TH in Prag. Studienverbot aus politischen Gründen.
1946-49 Privates Malstudium. Zwischenzeitlicher Aufenthalt auf eigenem landwirtschaftlichen Anwesen. Absolviert einen zweimonatigen Militärdienst.
1949    Flucht nach Bayern und Paris
1951    arbeitet als Rundfunkregisseur in München
1952    beginnt, sich intensiv der Ölmalerei zu widmen
1954    heiratet die Tochter des Münchener Komponisten
          Prof. Dr. Hans Sachsse. Zwei Kinder.
1956    Aufenthalt in den USA
1957    Erste Ausstellung in der Emigration in der Galerie Marcel Bernheim, Paris. Seitdem zahlreiche Ausstellungen in Europa und Übersee.
1982    lebt und arbeitet seit 1982 in der Schweiz